Krisen gibt es laufend und überall – doch gleichzeitig sehen wir auch überall auf der Welt Menschen, die als Antwort darauf Dinge anders, nachhaltiger und besser machen. Kommen Sie mit auf eine Reise um die Welt – von Kapstadt über Kopenhagen bis nach Wien – zu Veränderern, die ihre Städte voller Leidenschaft zukunftsfähiger machen.
Haben Sie schon einmal vom „Day Zero“ gehört? Das ist der Zeitpunkt, an dem das Wasser in einer Stadt vollständig versiegt. Also auch das Trinkwasser. Was das bedeutet, will man sich lieber gar nicht vorstellen. Kapstadt – eine Metropole mit vier Millionen Einwohner:innen – war 2018 nur wenige Tage von genau diesem Punkt entfernt.
In Kapstadt erhielten Haushalte, die besonders viel Wasser ein- sparten, Auszeichnungen und Preise – ebenso Straßenzüge und ganze Viertel.
Patricia de Lille war damals Bürgermeisterin und konnte (bzw. musste) dank einer Reihe einschneidender und teils auch ungewöhnlicher Maßnahmen das Schlimmste verhindern. Es galt, den Wasserverbrauch drastisch zu reduzieren. So wurde beispielsweise für fast ein halbes Jahr lang der private Verbrauch auf maximal 50 Liter pro Person und Tag beschränkt (zum Vergleich: in Österreich verbrauchen wir im Durchschnitt 130 Liter). Autowaschen oder die Befüllung von Pools waren natürlich strengstens verboten, doch die Menschen merkten es auch im täglichen Leben.
Können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, wenn die Stadtverwaltung Ihren persönlichen Wasserverbrauch so dramatisch einschränkt? Das ist sicherlich keine Aktion, mit der sich Politiker:innen bei ihren Bürger:innen beliebt machen. Doch dank glaubwürdiger, authentischer und zielgerichteter Kommunikation ging es schlussendlich darum, wie die Menschen in Kapstadt gemeinsam ihre Stadt vor dem Austrocknen retten konnten. Zwar gab es bei Zuwiderhandeln hohe Strafen, doch entschied man sich, die Maßnahmen ganz anders zu kommunizieren. Haushalte, die besonders viel Wasser einsparten, erhielten Auszeichnungen und Preise – ebenso Straßenzüge und ganze Viertel. Es gab Rang-listen, Wettbewerbe, und ganze Nachbarschaften taten sich zusammen, um Wege zu finden, noch mehr Wasser einzusparen.
Als man zum Beispiel feststellte, dass rund 14 Prozent des gesamten Wassers durch undichte Rohre, Wasserhähne etc. verloren gingen, bildete die Stadt kurzerhand 4.000 junge Arbeitssuchende zu Notfall-Installateuren aus, stellte sie ein und schickte den Trupp der „Water Warriors“ los. Der Wasserverlust konnte so in kürzester Zeit um drei Prozent (oder 1,6 Millionen Liter pro Tag) reduziert werden.
Aber nicht nur Stadtverwaltungen haben die Macht, Veränderung zu bewirken. Sogenannte Social Entrepreneurs starten meist mit einer Idee, die konkrete soziale oder ökologische Herausforderungen adressiert. Erst im zweiten Schritt überlegen sie, wie sie diese Idee in ein nachhaltiges Unternehmenskonzept umwandeln können. Nicht unbedingt, um (mehr) Geld zu verdienen, sondern um positiven Impact zu erzielen. Und während sich die Politiker:innen dieser Welt mal mehr, mal weniger mit solchen Themen auseinandersetzen, bewirken Menschen mit vermeintlich wenig oder gar keiner formalen Macht oftmals enorme Veränderungen.

Im Jahr 2016 wollte eine Gruppe von Unternehmer:innen in Kopenhagen beispielsweise etwas gegen die enorme Verschwendung von Lebensmitteln tun. Sie starteten „Too Good To Go“ und entwickelten eine App, die Verbraucher mit Restaurants und Lebensmittelgeschäften verbindet, die unverkaufte Lebensmittel anbieten. Heute nutzen weltweit mehr als 85 Millionen Menschen sowie 150.000 aktive Partnerbetriebe die „Too Good To Go“-App und haben dadurch bereits mehr als 280 Millionen (!) Mahlzeiten vor der Mülltonne gerettet.
Beeindruckend ist auch die Geschichte des Wieners Peter Windischhofer, der es im Jahr 2017 einfach nicht länger akzeptieren wollte, ständig neue Handys kaufen zu müssen. Er erwarb also ein gebrauchtes Mobiltelefon, das aber leider schon nach wenigen Wochen nicht mehr funktionierte. Garantie: Fehlanzeige. Und schon war die Idee für Refurbed geboren. Gemeinsam mit Kilian Kaminski und Jürgen Riedl gründete er die Plattform Refurbed, die gebrauchte Computer und Mobiltelefone mit Garantie verkauft und so einwandfreie Geräte vor der Verschrottung bewahrt. Unvorstellbar, dass auf diese Weise bereits Waren im Wert von insgesamt eine Milliarde Euro neue Besitzer:innen gefunden haben – und eben nicht auf einer Deponie für Elektroschrott gelandet sind.
Social Entrepreneurs geht es nicht um Reichtum oder Ruhm, sondern darum, etwas Sinnhaftes zu machen. Rund 100.000 solcher Unternehmen gibt es in Europa – 30.000 mehr als noch von wenigen Jahren. Dies zeigt das enorm steigende Interesse und die Leidenschaft meist junger Menschen, sich für Umwelt oder Gemeinschaft einzusetzen – gleichzeitig aber auch die Bedeutung, die gesellschaftliches Engagement haben kann. Und es zeigt, wie wichtig es ist, dass wir in Zeiten der Krise offen sind für neue Ideen und Lösungsansätze von innovativen, mutigen Köpfen.
Einmal im Jahr versammelt die „Urban Future“ genau solche Held:innen, Anpacker:innen, Gamechanger – CityChangers genannt – in einer anderen europäischen Stadt. Gemeinsam mit rund 2.500 anderen leidenschaftlichen Veränderern geht es darum, wie man Städte nachhaltiger gestalten kann und an welchen Schrauben man drehen muss, um wichtige Veränderungen herbeizuführen. Die nächste Gelegenheit dabei zu sein, bietet sich vom 5. bis 7. Juni 2024 auf der #UF24 in Rotterdam.
