Mit dem Fahrrad von Paris nach Brüssel
Eine Gruppe von Fahrradkurier:innen legte die fast 400 Kilometer lange Strecke von Paris nach Brüssel, Start war am 5. 11. 2023, mit dem Rad zurück, um auf Missstände bei den Arbeitsbedingungen von bei digitalen Plattformen Beschäftigten aufmerksam zu machen. Mit dabei bei der Aktion „The Great Delivery“ war auch das Riders Collective des ÖGB, das in Österreich für die Rechte der Fahrradzusteller:innen kämpft. Die Aktion wurde über verschiedene europäische Initiativen von Plattformbeschäftigten aus Spanien, Frankreich, Belgien, Italien und Österreich mit Unterstützung der Europäischen Linken organisiert.
Starke Regeln für Plattform-arbeiter:innen
Ziel war es, am 9. 11. 2023 vor der letzten Verhandlungsrunde beim europäischen Trilog bezüglich der Plattformdirektive noch Aufmerksamkeit zu erregen und die Notwendigkeit einer starken Direktive im Sinne der Rechte der Plattformarbeiter:innen zu betonen. Am Weg gab es verschiedene Treffen mit Personen, die entweder selbst von der „Uberisierung“ ihrer Arbeit betroffen sind, als Aktivist:innen dagegen kämpfen oder alternative Wege dazu gefunden haben.
Menü mit scharfer Soße
Was haben englische, französische, italienische, spanische, österreichische und belgische Fahrradbot:innen gemeinsam? Sie sind zielstrebig, besonders wenn es darum geht, ihre Rechte zu verteidigen. Und diese Gruppe „uberisierter“ Fahrer:innen aus sechs verschiedenen Ländern hat beschlossen, sich selbst einzuladen an den Verhandlungstisch zur letzten Runde zur Plattform-Arbeitnehmer:innenrechte-Richtlinie der EU in Brüssel. Daher radelten sie von Paris nach Brüssel, um den Politiker:innen ein „Menü mit scharfer Soße“ zu liefern, basierend auf der Achtung ihrer Rechte.
Länger arbeiten, weniger verdienen
Denn alle diese Kurier:innen machten das Gleiche durch: immer längere Arbeitszeiten, immer geringere Einkommen, ohne Rechte, ohne Status, ohne Schutz – in Österreich heißt das Scheinselbstständigkeit oder freie Dienstnehmer:innen. Sie organisierten sich daher gemeinsam, weil sie in ihren Ländern auch täglich über 100 km radelten, um Mahlzeiten auszuliefern. Diesmal radelten sie entschlossen 100 km am Tag Richtung Brüssel, um den weltfremden Politiker:innen ihre Realität zu vermitteln und die Einführung einer Richtlinie zu unterstützen: Die Uber-Lobbyist:innen unter den Politiker:innen dürfen dieses Mal nicht gewinnen. Es gilt zu verhindern, dass Arbeiter:innen ausgebeutet und sofort ohne Rechte ersetzt und entsorgt werden können.

Entlassung per SMS am Handy
Kein bezahlter Urlaub, keine Sozialversicherung und keine Arbeitslosenunterstützung: Ohne Arbeitsvertrag können die Plattformarbeiter:innen sofort entlassen werden, mit einer Benachrichtigung auf ihrem Handy, ohne dass sie sich dagegen wehren können – ständig schwebt die Angst drohender Arbeitslosigkeit über ihnen. Die Betroffenen wollten sich mit der Aktion „The Great Delivery“ Gehör verschaffen, angesichts dieser App-Plattformen, die Abertausende Euros für die Lobbyarbeit ausgeben, die jeden Versuch kollektiver und gewerkschaftlicher Organisation ablehnen. Die Plattform-Lobbyist:innen wollen verhindern, dass die Gesetze zugunsten der Arbeitnehmer:innen geändert werden. Die Rider:innen erinnerten die Europäische Union eine Woche lang daran, dass Uber & Co. nicht erlaubt werden darf, die Politik und die Regeln in Europa zu machen.
Kurier:innen in Österreich
Für Fahrradbot:innen und Essenszusteller:innen gibt es in Österreich seit 2020 Schutz und Rechte durch einen eigenen Kollektivvertrag, für den die Gewerkschaft vida zuständig ist. Allerdings gilt dieser nur für rund 2.000 der insgesamt ungefähr 4.000 bis 5.000 Mitarbeiter:innen in der Branche. Der Rest sind in Österreich freie Dienstnehmer:innen oder Ein-Personen-Unternehmen, sind also selbstständig – auch sie kämpfen mit der vida für mehr Rechte. Ziel der vida ist es, möglichst viele Kurier:innen in den Schutzschirm des Kollektivvertrags zu holen, um ihre Arbeits- und Einkommenssituation zu verbessern.
Mehr zur Plattformarbeit:
https://braveneweurope.com/the-great-delivery-riders-to-cycle-from-paris-to-brussels-to-demand-workers-rights
https://www.riderscollective.at/
