Shoppen mal anders.

Wie „Wiener Wäsch“ Mode neu denkt.

In einer Zeit, in der Konsum oft über Nachhaltigkeit siegt, setzen einige Wiener:innen ein modisches Statement der anderen Art: Sie tauschen, statt zu kaufen. Eine der bekanntesten Initiativen dieser Bewegung heißt „Wiener Wäsch“ – ein Kleidertausch-Event, das mit einem Augenzwinkern und viel Herz für Mode ein neues Verständnis von Kleidung und Konsum etablieren will. „Wir wollten einen Tausch nach unserem Kopf“, erzählt die Gründerin im Gespräch. „Entspannt, ohne Warteschlangen, ohne Kontrollen oder Vorstellrunden, in denen zu jedem der mitgebrachten 39 Kleidungsstücke eine elendslange Geschichte erzählt wird.“ 2016 startete sie gemeinsam mit einem Mitstreiter die erste Kleidertauschaktion – ein Event, das inzwischen zu einer kleinen Wiener Sehenswürdigkeit avanciert ist. Was damals im kleinen Rahmen begann, ist heute ein Fixpunkt für Menschen, die Mode mit Haltung tragen wollen. Das Prinzip ist einfach und niederschwellig: „Man bringt seine Schrankleichen mit und tauscht dort nach Lust und Laune gegen die Schrankleichen von jemand anderem“, erklärt die Gründerin. „Was für den einen ein Fehlkauf ist, wird für den anderen vielleicht das neue Lieblingsteil.“

„Um den Kleidertausch wirklich gut zu verbringen, bitten wir, nur schöne Sachen zu bringen.“

Doch wie verhindert man, dass der Kleidertausch zum Altkleidercontainer mutiert? „Um den Kleidertausch wirklich gut zu verbringen, bitten wir, nur schöne Sachen zu bringen. Niemand braucht löchrige, stinkige oder dreckige Wäsche.“ Auch Werbe-T-Shirts oder ausgeleierte Pullis sollen bitte zu Hause bleiben – oder gleich entsorgt werden. Trotz dieser Offenheit gibt es keine offiziellen Kontrollen bei den Events. „Wir haben einen der wenigen gratis Stoffwechsel gestartet, bei dem es keine Beschränkungen oder Vorstellrunden gibt. Wir finden nämlich, dass keine Kontrolle notwendig ist, wenn jeder drauf achtet.“ Dass viele Menschen Vorbehalte gegenüber getragener Kleidung haben, nehmen die Veranstalter gelassen: „Kein Thema. Einfach zu Hause einmal waschen, und gut ist es. Bei den meisten Modeketten ist man ja auch nicht unbedingt der Erste, der den Pullover oder das Kleid probiert.“ Die Diskussion über Fast Fashion sieht sie differenziert. „Fast Fashion ist mittlerweile Teil unserer Kultur. Ich empfinde das auch nicht als grundsätzlich schlecht. Gerade Teenager wechseln oft ihren Style und haben kein großes Budget.“ Viele Kleidungsstücke von Billiganbietern wie Shein oder Temu landen bei Wiener Wäsch – und finden dort eine zweite Chance. Neben Nachhaltigkeit und Kostensensibilität spielt auch der soziale Aspekt eine große Rolle. „Gerade bei den Swaps sieht man immer wieder dieselben Leute. Da haben sich teilweise richtig gute Freundschaften und sogar Fahrgemeinschaften gefunden“, berichtet die Gründerin. Kleidertausch wird hier zu mehr als nur Konsumkritik – er wird zur gelebten Gemeinschaft. Doch ganz ohne Herausforderungen geht es nicht. Vor allem das Finden geeigneter, kostenloser Räumlichkeiten in passender Größe sei schwierig, ebenso wie die Suche nach Sponsoren. Trotzdem hält das Team an der Idee fest – und wächst weiter. Ihr Motto ist: „Tauschen ist das neue Kaufen – nur klüger.“

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