Qualmende Nachbarn am Balkon oder am offenen Fenster erhitzen in Wohnhausanlagen regelmäßig die Gemüter. Frischluftliebhaber leiden dann oft unter der Einschränkung, ihre Wohnung nicht lüften oder ihren Balkon nicht ohne Rauchbelästigung nützen zu können. Vor allem in den letzten Jahren hat sich das Rauchverhalten aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen im öffentlichen Bereich stark verändert. Es ist zu einem weitreichenden Rauchverbot im öffentlichen Raum gekommen, um die Beeinträchtigung durch Passivrauchen hintanzuhalten. Doch was gilt bezüglich des Rauchens im Privatbereich?
Darf mein Nachbar am Balkon nebenan jederzeit rauchen?
Das Rauchen am Balkon ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs per se nicht verboten. In seiner Entscheidung aus dem Jahr 2016 hat der Gerichtshof festgestellt, Rauchen auf Balkonen bzw. bei offenem Fenster sei ortsüblich, im Sinne der gegenseitigen Rücksichtnahme sei es jedoch geboten, dies nur zu bestimmten Zeiten zu tun. Das allgemeine nachbarrechtliche Rück-sichtnahmegebot verpflichtet benachbarte Personen dazu, gegenseitig die Interessen des anderen bei Ausübung seiner Rechte zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass die Gerichte bei der Beurteilung von nachbarschaftlichen Konflikten wegen Rauchbelästigungen, eine Interessensabwägung vorzunehmen haben. Daher hat der Gerichtshof eine von den Jahreszeiten abhängige Regelung als zulässig angesehen, die es dem rauchenden Nachbarn nur zu gewissen Zeiten ermöglicht, am Balkon zu rauchen, sodass der andere Nachbar in diesen Zeiten seinen Balkon ungestört nützen kann.
Welchen Anspruch kann ich als Nachbar, der sich gestört fühlt, geltend machen?
Als Nachbar steht einem gegen den rauchenden Störenfried unter Umständen ein Unterlassungsanspruch nach § 364 Abs. 2 ABGB zu. Voraussetzung dafür ist eine das gewöhnliche Maß, gemessen an Verhältnissen vor Ort, überschreitende Geruchsbeeinträchtigung, die eine ortsübliche Benutzung des Balkons oder im Extremfall sogar der Wohnung wesentlich beeinträchtigt (sog. „doppelte Ortsunüblichkeit“). Dem Nachbarn, der sich gestört fühlt, kommt ein Unterlassungsanspruch nur zu, wenn beide Kriterien erfüllt sind. Im Fall einer festgestellten Gesundheitsgefährdung kann die Voraussetzung der Ortsunüblichkeit entfallen. Zu beachten ist aber, dass nicht jede Rauchbelästigung als wesentliche Beeinträchtigung einzustufen ist.
Überempfindliche Wahrnehmungen sind außer Acht zu lassen. Es wird ein objektiver Maßstab anhand der Empfindungen eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ („Otto Normalverbraucher“) herangezogen. Nur dann, wenn sich auch ein Durchschnittsmensch bei Benützung des Balkons oder seiner Wohnung wesentlich beeinträchtigt fühlen würde, kann ein Unterlassungsanspruch bestehen.
Zu beachten ist aber, dass nicht jede Rauchbelästigung als wesentliche Beeinträchtigung einzustufen ist.
Bestehen die Ansprüche für Mieter:innen und Wohnungseigentümer:innen gleichermaßen?
Unterlassungsansprüche nach § 364 Abs. 2 ABGB können sowohl vom Mieter als auch vom Woh-nungseigentümer gegen den störenden Nachbarn geltend gemacht werden. Im Bereich der Mietverhältnisse kann der Mieter unter Umständen seinen Vermieter dazu verpflichten, gegen benachbarte Störer, die eine Geruchsbelästigung verursachen, vorzugehen. Ein Vermieter ist grundsätzlich verpflichtet, den Mieter gegen Störungen beim Gebrauch seines Bestandobjekts zu schützen. Gegebenenfalls könnten dem Mieter hier auch Mietzinsminderungsansprüche gegen seinen Vermieter zustehen. Umgekehrt kann dem Vermieter bei gesetzes- oder vertragswidriger Benützung des Mietobjekts und Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Interessen in gewissen Fällen das Recht zur Kündigung wegen erheblich nachteiligen Gebrauchs zukommen.
Wie gehe ich als Betroffener am besten gegen die Geruchsbelästigung vor?
Zunächst empfiehlt sich, wie bei jedem nachbarschaftlichen Konflikt, das Gespräch mit dem störenden Nachbarn zu suchen. Sollte die Gesprächsbasis fehlen, empfiehlt es sich, eine juristische Ersteinschätzung einzuholen. Gerade bei der Beurteilung, ob ein Unterlassungsanspruch mit Erfolg durchgesetzt werden kann, sind die im konkreten Fall vorliegenden örtlichen Gegebenheiten ausschlaggebend. Bei der Beurteilung der ortsüblichen Verhältnisse und Benutzung ist insbesondere einzubeziehen, ob sich die Wohnung des Betroffenen in einer größeren Stadt oder in einer ländlichen Gegend befindet. Auch die jeweilige Lage der Wohnungen zueinander ist zu berücksichtigen. Sofern nach Prüfung des maßgeblichen Sachverhalts ein durchsetzbarer Anspruch bestehen sollte, empfiehlt sich vorerst der Versuch, eine einvernehmliche, für beide Seiten tragbare Lösung vorzuschlagen. Sollte dieser Vorschlag nicht fruchten, bleibt letztlich nur noch der Weg zu Gericht.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Beurteilung, ob die vom Nachbarn ausgehende Rauchbelästigung erfolgreich bekämpft werden kann, jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung des Rücksichtnahmegebot zu erfolgen hat. Ein Anspruch auf Unterlassung kann aber durchaus bestehen und erfolgreich durchgesetzt werden.
