Wer gut sortierte Baumärkte sucht oder tanken muss, bevor er Richtung Süden fährt, wird in der Triester Straße fündig. Für Sterne- oder Haubenküche ist die Ausfahrtsstraße in Wien-Favoriten weniger bekannt, nicht einmal für solide Hausmannskost. „In Wien sind wir mit Lieferdiensten sehr verwöhnt“, meint Julia Entholzer von der BWSG, die in der Triester Straße 40 ihre Zentrale hat. Julia nutzt diese Services gern, weil ihre bevorzugten Lieferanten auch frisch kochen. Ein- bis zweimal die Woche nimmt sie Essen von zu Hause mit. Das derzeit so trendige Meal Prep macht sie nicht, sie kocht also nicht für die ganze Woche vor und nimmt die Speisen dann ins Büro mit. „Nicht alles schmeckt gut, wenn es in der Mikrowelle warm gemacht wird“, sagt die Kollegin aus der Rechtsabteilung. Herdplatten gibt es aus Sicherheitsgründen in der BWSG nicht.
Früher stand für viele Vegetarier das Tierwohl im Vordergrund, heute kommt das Thema Klimaschutz hinzu.
Julia ernährt sich seit ungefähr vier Jahren vegan. Es sei ein fließender Übergang von der Vegetarierin gewesen, die sie bereits seit ihrem 9. Lebensjahr ist. Damals stand das Tierwohl im Vordergrund, jetzt sei der Klimaschutz dazugekommen. Julia bäckt ausgezeichnete vegane Kuchen, das wissen auch ihre Kollegen. Anfangs sei es ihr schwergefallen, ohne Eier zu backen: „Ich war ein Biskuitfan.“ Mittlerweile weiß sie, „das Tun ist anders, aber das Ergebnis ist manchmal sogar besser“. Für Luftigkeit in ihren köstlichen Kuchen sorgt Aquafaba, das Bohnenwasser aus den Dosen gegarter Kichererbsen. Julias Tipp, damit der vegane Eischnee gelingt: „Aquafaba in den Kühlschrank stellen und dann mit etwas Öl und Zitronensaft richtig lang schlagen.“

Frische Zutaten auf den Mittagstisch
Vegan heißt nicht gleich gesund, hat die MedUni Wien in einer aktuellen Onlinestudie nachgewiesen. Die Forscherinnen vom Zentrum Public Health bestätigen zwar die positive Wirkung pflanzlich basierte Kost auf die Gesundheit, es komme aber gerade in diesem Bereich sehr auf den Grad der industriellen Verarbeitung der Lebensmittel an. Die Studienautorinnen unterscheiden in Gesundheitsbewusste und jene, die zu Convenience-Food greifen. Immerhin 53 Prozent der Probanden greifen zu Fisch und Fleischalternativen, veganen pikanten Snacks, Soßen, Kuchen und Fertiggerichten. Im Unterschied dazu verzehren laut Studie die als gesundheitsbewusst eingestuften Veganer mehr Gemüse, Obst, Eiweiß- und Milchalternativen, Kartoffeln, Vollkornprodukte, pflanzliche Öle und Fette. Und sie kochen häufiger mit frischen Zutaten.
Julia hält sich selbst für einen Mischtyp. Um alle Nährstoffe zu bekommen, müsse man sich mit dem Thema Ernährung einfach beschäftigen und „da bin ich als Veganerin vielleicht bewusster“, so die gebürtige Oberösterreicherin.
Auch beim Intervallfasten sollen Vollkornprodukte, Gemüse, Obst, wenig Fleisch und gesunde Fette auf den Teller.
Essen in Intervallen
Hans (Name von der Redaktion geändert) arbeitet ebenfalls in der BWSG. Seit Mitte Jänner hat er 14 Kilo abgenommen. Er isst nur noch zweimal täglich und baut 16:8-Intervallfasten in seinen Alltag ein. Wie der Name schon sagt, wechseln 16 Stunden Fasten mit acht Stunden Nahrungsaufnahme. Auch hier sollen Vollkornprodukte, Gemüse, Obst, wenig Fleisch und gesunde Fette auf den Teller. Genügend Flüssigkeit und ausreichend Bewegung fördern das Abnehmen.
Frühstück gibt es circa um zehn Uhr, Abendessen um etwa 17 Uhr. Am Wochenende wird das Frühstück zum Mittagessen. „So gesehen halte ich mich an die 17:7-Methode“, so Hans. Zum Frühstück isst er entweder Haferflocken mit frischen oder getrockneten Früchten im Naturjoghurt. Es darf mitunter auch bodenständig sein. Dann gibt es ein Wurst- oder Käsebrot mit Gurke oder Paprika – je nach Lust und Laune mit Vollkorn- oder Knäckebrot.

Während seine Frau und seine Tochter per App Kalorien zählen, hat er bereits im Griff, was den Blutzucker hochschießen lässt. Hans ernährt sich also nach dem glykämischen Index (kurz GI), einer Maßzahl, die den Anstieg des Blutzuckers nach Aufnahme von Kohlenhydraten misst. Je höher dieser Index, desto rascher steigt der Blutzucker. Weißbrot, Kartoffeln oder auch das von Hans erwähnte Knäckebrot haben einen hohen GI, Beeren zum Beispiel einen niedrigen.
Heißhungerattacken kennt Hans nicht: „Wenn ich Hunger bekomme, greife ich zu zuckerfreiem Kaugummi, lutsche an einer gesalzenen Erdnuss oder veräpple den Hunger mit Wasser.“ Er merkt inzwischen auch körperlich, wenn er zu viel Zucker zu sich nimmt. „Eine Kollegin hat mir vor Kurzem eine selbst gemachte Schaumrolle gebracht. Natürlich hat sie geschmeckt, aber danach habe ich mich hibbelig und kribbelig gefühlt.“ Schnitzel könne er mittags kaum mehr essen, er werde „total müde und unkonzentriert, der Nachmittag sehr lang“.
„Bäume gehören in die Landschaft“
Wenn Hans heute Paniertes zu sich nimmt, dann meist Gemüse oder Tofu und paniert in Tempura-Mehl oder einem anderen stärkehaltigen Backteig. Tofu soll ja nicht jedermanns Sache sein. Sein Tipp: doppelt geräucherten Tofu sehr gut ausdrücken, damit das Wasser entweicht, danach in Stärke wenden und rausbraten. „Das wird superknusprig“, weiß er. Dazu gibt es Salat oder gut gewürzte Bratkartoffeln. „Früher war Gemüse der Todfeind – nach dem Motto: Bäume gehören in die Landschaft“, erzählt Hans und meint mit Bäumen Karfiol oder Brokkoli. Hans zählt sich nicht zur Convenience-Fraktion: „Die vegane Extrawurst verstehe ich nicht.“
Zwei- bis dreimal die Woche betreibt er Sport. Ergometer, Powerplate, diverse Therabänder und Hanteln hat er zu Hause. „Mit Krafttraining kann ich Frust abbauen, mit den Hanteln quasi den Frust abheben“, sagt Hans.
Qualitätskriterium: warmes Mittagessen
Auf ein professionelles Niveau hat BWSG-Vorstand Michael Kaiser seine sportlichen Aktivitäten gestellt. „Meine Leidenschaft ist der Triathlon“, erzählt er. In dieser Sportart sei es ganz wichtig, sich gut zu versorgen und zu ernähren.
Gesunde und ausgewogene Speisen direkt am Arbeitsplatz oder zumindest in der Nähe anzubieten, nennt Kaiser ein „wesentliches Qualitätskriterium“ für einen modernen Arbeitsplatz. Die BWSG plant daher auch, neben dem bunten Obstkorb, den es bereits gibt, künftig die Möglichkeit für ein warmes Mittagessen anzubieten. Kaiser sieht dies als „Bringschuld“. Neben frischen Zutaten lege er Wert auf Gewürze, vermeide zu viel Salz und schweres Essen. „Ich brauche etwas, das mir Kraft gibt und mich nicht belastet“, sagt der studierte Bauingenieur. In der Praxis ordne er das Essen der Arbeit unter, möchte sich aber gerne gesünder ernähren.
Im Februar initiierten die BWSG-Vorstände eine Umfrage zum Thema Mittagstisch. Kaiser freut die hohe Beteiligung und er findet diese extrem positiv. „Die Rückmeldungen zeigen ein unverfälschtes Ergebnis – so nehme ich unsere Mitarbeiter:innen auch wahr.“ Und was kam bei dieser Umfrage heraus? Die Mitarbeiter wünschen sich warme Speisen und würden ein Angebot zwei- bis dreimal pro Woche nutzen. Frisch gekocht, abwechslungsreich und ausgewogen stehen ganz oben auf der Wunschliste. Mittags Kraft tanken und gesund und gut essen soll also bald auch in den Büroräumlichkeiten der BWSG möglich sein.
