Einfache Architektur, oft auch als minimalistische Architektur bezeichnet, ist ein Gestaltungsansatz, der sich auf Klarheit, Funktionalität und die Essenz von Formen und Materialien konzentriert. Es geht bei diesem Ansatz darum, Räume zu schaffen, die sowohl funktional als auch ästhetisch ansprechend sind, indem sie die Komplexität reduzieren und die wesentlichen Elemente betonen. Nachhaltigkeit stellt einen integralen Bestandteil „einfacher Architektur“ dar. Durch die Verwendung umweltfreundlicher Materialien und energieeffizienter Technologien wird versucht, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Die Gebäude sind oft so konzipiert, dass sie mit der Umgebung – dem Außenraum – einen Dialog eingehen und schonend mit natürlichen Ressourcen umgehen.
Womit wir zum Beispiel beim nachwachsenden Baustoff Holz wären – und bei den MAGK Architekten mit Bürositzen in Wien, St. Pölten und Aschau im Burgenland. Die Architekten Martin Aichholzer und Günter Klein planen Holzbauten schon seit 30 Jahren und gelten somit als Pioniere auf diesem Gebiet. „Heute ist Holzbau omnipräsent – bei uns schon seit fast 30 Jahren“, erzählt Arch. DI Günter Klein im Interview mit Happy together. „Wir versuchen, mit unseren Konzepten sehr klare, eindeutige Lösungen anzubieten, und legen Wert auf hohe Qualität in Bezug auf Raum und Material.“ Besonders im gemeinnützigen Wohnbau müssen die Flächen oft optimiert werden, damit sie leistbar bleiben. „Dennoch ist es uns wichtig, dass die Schlafzimmer genug Platz bieten, Eingangsbereiche mit Stauflächen mitgedacht, Wohn- und Küchenbereiche hell und funktional und Balkone so konzipiert sind, dass man noch bequem sitzen kann.“

Wulkaprodersdorf – mittendrin und aus Holz
Mittendrin in der burgenländischen Gemeinde Wulkaprodersdorf haben die MAGK Architekten und ihr Team für die gemeinnützige BWS-Gruppe einen reinen Holzbau geplant. Als Generalunternehmer fungiert die Voitl & Co Baugesellschaft. 30 barrierefreie Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, eine Raiffeisenbank, Arztpraxen und eine Apotheke füllen die Baulücke in der Oberen Hauptstraße 38–40.

„Wir haben die alte Typologie des burgenländischen Streckhofs aufgegriffen, die Dachformen und Proportionen an den Kontext angepasst, gedämpfte Farben verwendet und die Straßenfront in Anlehnung der alten Dorfstruktur weitergeführt“, erklärt Klein.
Mit ihrem Fokus auf Holz und andere regenerative Baustoffe wollen die MAGK Architekten „einen Beitrag leisten, um aktuellen Problemen der Welt zu begegnen“, so Klein. „Ideal wäre es dabei, die alten, traditionellen Materialien miteinzubeziehen.“ Im Zuge der EU-Taxonomie werde es auch um das Thema „Materialien trennen“ gehen – zum Beispiel: Was kann ich für den Unterbau verwenden, was an den Straßenbau weiterverkaufen? Die Taxonomie, das Klassifizierungssystem der Europäischen Union, und Lebenszyklusanalysen zielen darauf ab, Investoren, Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern zu helfen, umweltfreundliche Investitionen zu fördern und den Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zu unterstützen. Nicht zuletzt deshalb ist Holz in vielen Ausschreibungen und Wettbewerben inzwischen fixer Bestandteil. Klein: „Es sind alle gefordert, ein wenig mehr dazu beizutragen, dass wir die Klimaziele erreichen. Spätestens, wenn es Strafzahlungen gibt, wird das allen Beteiligten in der Baubranche klar werden. Die Wunschvorstellung ist freilich, dass möglichst alle dabei mitmachen und nicht nur durch Zwang zukunftsfähige Projekte entstehen.“



Rote Emma trägt Mantel aus nachhaltigem Stoff
Holzbau funktioniert mittlerweile auch bei mehrgeschossigen Gebäuden. Die BWS-Gruppe als eine der größten gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen errichtet gemeinsam mit dem gemeinnützigen Bauträger migra das Projekt „Rote Emma“. Im Stadtentwicklungsgebiet Attemsgasse Ost, im Zentrum Kagrans, entstehen bis April 2026 360 geförderte Mietwohnungen und 23 Geschäftslokale. Die Architekturbüros Gerner Gerner Plus und AllesWirdGut fungieren als Planer der innovativen Holzhybrid-Baukörper. Generalunternehmer Strabag setzt um. Bei den MAGK Architekten kommen heimische Hölzer aus Fichte und Lärche zum Einsatz. „Bei unseren Projekten ist die Regionalität ebenfalls ein wichtiger Aspekt“, betont Günter Klein von MAGK Architekten. Die Rote Emma in der Wiener Donaustadt wird auf Basis von vorgefertigten Sandwich-Elementen von Strabag-Mitarbeitern veredelt. Fenster und Türen werden ebenso vormontiert wie die Holzfassade und dann jeden Montag per Lkw in die Donaustadt gebracht. In derselben Woche werden sie Geschoss für Geschoss in das Stahlbetonskelett eingehängt oder, anders gesagt, just in time verbaut.
Die Strabag-Mitarbeiter BM DI Matthias Doubek, BSc, und Gruppenbauleiter Ing. Begim Ramceski gelten als Spezialisten auf ihrem Gebiet. Der Waldviertler Doubek ist ursprünglich Zimmerermeister und studierte danach berufsbegleitend Bauingenieurwesen am FH Campus Wien. Vermutlich wird ihm selten langweilig, trotzdem unterrichtet er fallweise an der Wiener FH auch mehrgeschossigen Holzbau. Ramceski kennt den Stahlskelettbau in- und auswendig. „Auch die Stahlbetonkonstruktion besteht zu 80 Prozent aus Vollfertigteilwänden, nur 20 Prozent sind sogenannte Ortbetonwände, werden also vor Ort gegossen“, erklärt er. Strabag bezieht die Stahlbetonfertigteile vom Tochterunternehmen Mischek Systembau. Durch die gleichbleibenden Produktionsbedingungen in der industriellen Fertigung können Prozesse und Energiebedarf optimiert, sprich CO2 reduziert werden. Vorgefertigte Systembauteile können schlanker ausgeführt werden. Mit Blick auf das Thema einfache Architektur sind die Innenräume heute in der Regel in Trockenbauweise ausgeführt, auch die Installationsschächte kommen fixfertig auf die Baustelle in der Attemsgasse.

Lego für Erwachsene
Die Attemsgasse ist die erste großvolumige Holzbaustelle für Ramceski und Doubek. Sie erzählen stolz von den Detailentwicklungen, die sie im Zentrum Kagrans umsetzen. „Die Balkone werden auf thermisch getrennten Stahlbetonkonsolen geschossweise eingehängt. Wären die Balkone, wie im klassischen Stahlbetonbau üblich, mitgebaut worden, müssten wir die Holzbauteile einfädeln“, beschreibt Doubek den schrittweisen Aufbau. Erst wenn alle Holzbauteile in einem Geschoss angebracht sind, werden die Fertigteil-Balkonplatten auf den Fertigteilkonsolen und Holzstützen montiert. „Als ob man mit Lego ein Regal baut“, sagt Doubek und schmunzelt.
Doubek weiter: „Beim Hybridbau ist die Idee, innen viel Speichermasse zu generieren und dies außen mit einer wärmenden Hülle zu umkleiden. Deshalb sind die Außenbauteile als Holzriegelwand mit hocheffizienter Dämmung ausgestattet und sämtliche Bauteile im Inneren in Stahlbetonbauweise, der Speichermasse, gelöst.“ Baumeister Doubek vergleicht dies „mit einer dicken Daunendecke, die man über einen Thermophor drüberzieht“. Einig sind sich Architekt Günter Klein und die Experten von der Strabag darin, dass der Planungsaufwand im Holzfertigbau anfänglich höher ist. Klein: „Wir müssen alle kleinen Details mit den Fachplanern im Vorfeld besprechen und in der Planung berücksichtigen.“
Architekt Günter Klein: „Der Natur ist es egal, womit wir bauen, die überdauert die Menschheit. Künftigen Generationen hingegen nicht.“
Intensiver Planungsprozess
Vorfertigung bietet höhere Qualität und ist viel genauer. Ramceski ergänzt: „Wir bauen immer mit gewissen Toleranzen: Die üblichen Toleranzen im Stahlbetonbau müssen von den Fassadenteilen aufgenommen werden, was sich vor Ort einfacher, in der Vorfertigung ungleich schwieriger gestaltet.“ Ein wenig mehr Zeit und eine intensive und exakte Planung im Vorfeld führen auch zu kurzen Bauzeiten und somit zu einer deutlichen Zeitersparnis beim Bauen. „Dieser Benefit der schnellen Bauweise wird von den Bauträgern im Moment oft noch gar nicht ausreichend gewürdigt“, bemerkt Architekt Klein. „Das ändert sich aber gerade in die Richtung. Die optimiertesten Ideen, die wir haben – einfacher, besser, schneller, industrieller und mit höherer Qualität zu bauen –, sind beim Endkunden vielfach noch nicht vollständig anwendbar. Wir hören nicht selten, wir brauchen eh so lange für den Vertrieb und müssen die anderen Logistiken mitdenken – muss also gar nicht so schnell sein.“ Stimme nicht, meint Klein, denn hier werde Kapital unnötig „verbraten“. Den Privaten sei das nie „wurscht“, weiß der gebürtige Burgenländer aus Erfahrung. Klingt alles im ersten Moment gar nicht einfach – „ist es aber“, sagen die Experten. „Und für den Baustoff Holz braucht es Leidenschaft.“ Künftige Generationen werden es ihnen danken.