Buslenker:innen am Limit

Große Verantwortung, Stress und gesundheitliche Belastung – das sind die wichtigsten Aspekte, die den Beruf des Busfahrens am besten beschreiben. Herausgefunden hat das ein Forschungsteam der Universität Wien in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer (AK) Wien. Ihre aktuelle Studie zum Thema „Buslenker:innen am Limit: Möglichkeiten der Jobattraktivierung aus Sicht der Beschäftigten in der privaten Autobusbranche in Österreich“ bringt klar zum Ausdruck, dass die Arbeitsbedingungen für Lenker:innen verbessert werden müssen. Vorgestellt wurde die Studie am Donnerstag von Studienautorin Emma Dowling und dem Bündnis „Wir fahren Gemeinsam“ (Gewerkschaft vida, AK Wien, Buslenker:inen, Fridays For Future und System Change, not Climate Change!). Dowling ist Assoziierte Professorin für Soziologie an der Universität Wien.

Hintergrund der Erhebung

Die Studie „Buslenker:innen am Limit“ durchleuchtet die gegenwärtigen Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsverhältnisse im privaten Buslinienverkehr in Österreich. Sie zeigt auf, wo und welche Veränderungen bei den Arbeitsbedingungen notwendig sind, um den Beruf Buslenker:in attraktiver zu machen. Dies ist notwendig, um bestehende Arbeitskräfte zu halten und neue für die unter Personalmangel leidende Branche zu gewinnen. Im Fokus der Studie stehen Beschäftigte, die unter den Kollektivvertrag (KV) für private Autobusbetriebe fallen (rund 12.000), für den die Gewerkschaft vida, die eine Verbesserung bei den Arbeitsbedingungen für die Buslenker:innen fordert, zuständig ist. Aufschluss über ihre Bedürfnisse gaben qualitative Interviews mit 22 Lenker:innen sowie eine quantitative Onlinebefragung, an der über 600 Lenker:innen österreichweit teilnahmen.

Zeitdruck und Personalmangel

Sowohl in den Interviews als auch in der Befragung thematisieren Lenker:innen die nicht zufriedenstellenden Rahmenbedingungen ihrer Arbeit. Sie sprechen über eng getaktete Fahrpläne, erhöhtes Verkehrsaufkommen und Personalmangel. Dies macht sich auch durch die zu leistenden Überstunden bemerkbar: Ein Drittel der Buslenker:innen macht laut Studie „fast täglich“ Überstunden. 

© DE FONTANA

Im Kontext dieser Arbeitsverdichtung erwarten 81 Prozent der Befragten, dass es schwer werde, in dem Bereich künftig neue Mitarbeiter:innen zu finden. Anil Zümrüt ist Buslenker und leitet die Verhandlungen zum Kollektivvertrag (KV) für die Beschäftigten in privaten Autobusbetrieben. Er bekräftigt die Ergebnisse der Studie: „Als Buslenkerinnen und Buslenker tragen wir die Verantwortung dafür, dass Tausende Menschen täglich sicher an ihr Ziel kommen. Wir sind müde und erschöpft von der Überstundenflut durch den Lenkermangel und Dienstschichten von bis zu 15 Stunden.“

Wenig Planbarkeit und schwierige Vereinbarkeit

Dass Lenker:innen oft an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht arbeiten, führt in Kombination mit häufigem Einspringen für Kolleg:innen und teilweise kurzfristigen Dienstplänen zu Schwierigkeiten. Allen voran wird hierdurch die Vereinbarkeit des Berufs mit Freund:innen, Familie, Hobbys etc. erschwert: 91,2 Prozent (Frage: „Wofür haben Sie nicht ausreichend Zeit?“) sind davon massiv betroffen. Für die Partnerschaft fehlt es 70,5 Prozent an Zeit, für die Kinderbetreuung 35,5 Prozent.

Nacht- und Sonntagsarbeit

Viele Lenker:innen sind mit ihrem Grundgehalt – das Einstiegsgehalt beträgt 2.773 Euro brutto im Monat – zwar zufrieden, jedoch kritisieren sie, dass Teile der täglichen Pausen unbezahlt sind. 93 Prozent der befragten Lenker:innen geben an, es wäre für eine Attraktivierung des Berufs „sehr wichtig“ oder „wichtig“, dass alle Pausen bezahlt werden. Schließlich seien Pausen für das konzentrierte und sichere Fahren wichtig. Über drei Viertel der Befragten (76 Prozent) geben an, dass sie an Feiertagen oder am Sonntag arbeiten. Sonntagszulage erhalten sie dafür aber keine. Zudem bemängeln die Lenker:innen der Studie, dass Nachtzuschläge nur in der Zeit von 0 bis 5 Uhr bezahlt werden.

Die Löhne der Lenker:innen entwickeln sich auch bei langjähriger Berufserfahrung kaum nach oben.

Gehaltsprogression unzulänglich

Die Löhne der Lenker:innen entwickeln sich auch bei langjähriger Berufserfahrung kaum nach oben. So gibt es nach zehn Jahren beim selben Betrieb eine Erhöhung des Bruttomonatslohns um lediglich rund 20 Euro, nach zwanzig Jahren um etwa 40 Euro. In der Befragung nennen daher 95 Prozent der Lenker:innen als wichtigen Punkt, dass Berufserfahrung mit einer besseren Bezahlung anerkannt werden sollte.

Pausenräume und sanitäre Anlagen

fehlen Busfahrer:innen schätzen Pausenräume als Ort der Erholung und des Kontakts mit Kolleg:innen. Viele der Befragten heben jedoch hervor, dass sie entweder gar keinen Zugang zu Pausenräumen haben oder ein solcher nur selten vorhanden ist. Ähnliche Probleme stellen sich hinsichtlich sanitärer Anlagen. Der Zugang zu einer Toilette ist oft vom Ort der Pause abhängig, kostenpflichtig oder gar nicht erst gegeben. Für die vida ist klar, für die Buslenker:innen sind das untragbare Zustände, die geändert gehören!

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