Begehrt und rar

Gefördertes Eigentum, eine seltene Gelegenheit.

Trautes Heim, Glück allein. Dieser Traum rückt angesichts explodierender Immobilienpreise und restriktiver Finanzierungskriterien der Banken für viele Menschen, in weite Ferne. Geförderte Eigentumswohnungen bleiben leistbar, sind jedoch rar. Sonja Heimhilcher, Expertin in Sachen Wohnbauförderung in der BWSG, schätzt, dass in den vergangenen drei Jahren vielleicht 100 dieser Wohnungen in Österreich gebaut wurden.

Die BWSG als gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft fokussiert zwar geförderte Miete, rund zehn Prozent der Wohnungen entfallen auf Eigentum (gefördert und freifinanziert). Im Stadtentwicklungsquartier Berresgasse entstehen gerade 58 geförderte Eigentumswohnungen, die bei den Wienern heiß begehrt sind. Heimhilcher: „In den 1980er- und 90er-Jahren gab es einen großen Run auf dieses Segment – sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite.“ Seit Anfang 2000 sei dieser Markt eingebrochen.

Neun Bundesländer, neun Richtlinien

Dennoch gibt es sie und alle neun Bundesländer fördern Eigentumswohnungen. Wie in Österreich üblich, hat jedes Bundesland andere Richtlinien, die auf den Websites der Länder abrufbar sind. In Wien gilt das Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz. Möchte ein Bauträger geförderte Wohnungen bauen (Miete wie Eigentum), nimmt das Land eine Vorprüfung der Einreichungen vor.

Für alle gilt: Fördernehmer müssen ein dringendes Wohnbedürfnis haben.

Die Kriterien reichen von architektonischen Aspekten über ökonomische und ökologische bis zu sozialen: Fügt sich ein Projekt gut ins Ortsbild ein? Wie sieht das Angebot an Freiräumen aus? Welche Kosten kommen auf künftige Eigentümer zu? Sind die Grundrisse marktadäquat? Welche Energiekonzepte gibt es? Wie nachhaltig sind die Baustoffe, die eingesetzt werden?

Wien setzt darüber hinaus auf soziale Nachhaltigkeit und beurteilt auch, wie das Projekt in den ersten Jahren von außen, etwa durch Soziologen, begleitet wird. „Es geht dabei zum Beispiel um die Nutzung und Gestaltung der Gemeinschaftsräume, die soziale Durchmischung und das Angebot von speziellen Wohnungstypen für soziale Einrichtungen“, erzählt Heimhilcher. In der Zeit nach Übergabe werde durch einen Mediator in Gruppenveranstaltungen mit den Hausbewohnern das gemeinsame Miteinander definiert. „Es werden unterschiedliche Angebote ausgearbeitet wie z. B. einmal wöchentlich Yogakurse im Gemeinschaftsraum oder im Freien, Grätzlfeste, Obst- und Gemüse-Standln regionaler Gewerbebetriebe vor dem Wochenende und vieles mehr“, so Heimhilcher.

Vergabe an Kriterien geknüpft

Wer Anspruch auf eine geförderte Eigentumswohnung hat, legt ebenfalls das Land fest. Für alle gilt: Fördernehmer müssen ein dringendes Wohnbedürfnis haben. Sie dürfen weder ein anderes Eigentum besitzen noch Hauptmieter einer geförderten Mietwohnung sein. Die Behörde kontrolliert bundesländerübergreifend, ob ein Interessent den Vorwohnsitz auch tatsächlich aufgibt. Um dies nachzuweisen, hat dieser maximal sechs Monate Zeit. Paradoxes Detail: Wer gar kein Dach über dem Kopf hat, darf kein dringendes Wohnbedürfnis anmelden. 

Die Mieter können ein paar Jahre ausprobieren, ob ihnen das Wohngefühl entspricht.

Bei der Vergabe gilt ein Antidiskriminierungsgesetz, wonach keine Menschengruppen ausgeschlossen werden dürfen. Potenzielle Käufer müssen die österreichische Staatsbürgerschaft haben oder aus der EU sein, in Wien gilt darüber hinaus eine mindestens fünfjährige Meldepflicht. Heimhilcher: „Es gelten Höchstgrenzen im Einkommen, aber keine Mindestgrenzen.“ Bei einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von rund 23.600 Euro (Statistik Austria, 2022) stellen die Höchstgrenzen allerdings kaum Hürden dar: So können Einpersonenhaushalte in Wien ein Nettojahreseinkommen von 60.960 Euro haben, bei vier Personen steigt die Grenze auf 114.750 Euro und mit jeder weiteren Person kommen 6.690 Euro hinzu. Zum Vergleich: In Vorarlberg beginnt die Grenze bei 51.100 Euro, ab drei beträgt sie 105.000 Euro.

Es gilt ein Veräußerungsverbot zugunsten des Landes. Soll heißen, das Land behält sich für die gesamte Förderdauer vor, einem Verkauf zustimmen zu müssen. Auch der Nachkäufer muss förderungswürdig sein, der Kaufpreis zu dem Zeitpunkt angemessen und ein Kaufvertragsentwurf vorliegen.

Günstiges Förderdarlehen

„Zwischen 3.300 und 3.800 Euro pro Quadratmeter kostet eine geförderte Eigentumswohnung“, beziffert die BWSG-Expertin den aktuellen Marktwert. 800 bis 900 Euro pro Quadratmeter betrage die Förderung. Das Darlehen läuft in der

Regel zwischen 30 und 40 Jahre. In den ersten fünf Jahren zahlen die Eigentümer meist nur die Zinsen zurück, die lediglich ein Prozent per anno ausmachen. Danach beginnt die Tilgung, die sich mit zwei bis sechs Prozent der Darlehenssumme zu Buche schlägt. Dass so wenig gefördertes Eigentum in Österreich gebaut wird, liege laut Heimhilcher auf der Hand: „Die gewerblichen Bauträger haben sich in den freifinanzierten Markt zurückgezogen. Aufgrund des Kostendeckungsansatzes ist damit einfach kein Geld zu machen.“ Geförderte Mietwohnungen sind daher der bessere Hebel, um genügend günstigen Wohnraum in Österreich zu schaffen. Durch nachträgliche Wohnungseigentumsbegründung können diese Wohnungen nach fünf Jahren erworben werden und stellen damit eine gute Alternative dar. Die Mieter können ein paar Jahre ausprobieren, ob ihnen das Wohngefühl entspricht, die Größe für sie passt oder ihnen die Umgebung gefällt.

Allein in der Berresgasse im 22. Wiener Gemeindebezirk entstehen bis Juni 2023 insgesamt 204 geförderte Mietwohnungen. Wer in „Otto am Park“ oder „Niki mittendrin“ einziehen wird, hat sein Heim zwar nicht allein. Gut zu schlafen, weil die monatliche Belastung im Rahmen bleibt, trägt aber auch dazu bei, glücklich zu sein.

Modernes Wohnen im Eigentum geht manchmal auch gefördert. Die Gelegenheiten sind selten. © GS Visuals
Martha im Grün: In der Berresgasse am Hirschstettner Badeteich baut die BWSG geförderte Eigentumswohnungen. © Marc Lorenz
Nach oben scrollen