Frau Robausch-Löffelmann, Sie haben am 1. September den technischen Vorstand in der BWS-Gruppe übernommen. Wie geht es Ihnen damit?
Kerstin Robausch-Löffelmann: Danke, sehr gut. Ich freue mich sehr, dass ich diese Aufgabe übernehmen darf. Und ich sehe es als eine wichtige Zielsetzung für die Zukunft, weiterhin leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
„Am wichtigsten ist mir im ersten Schritt, das Team kennenzulernen.“
Wenn wir kurz zurückblicken: Was waren Ihre spannendsten Projekte – schildern Sie uns bitte eines oder zwei davon.
Nach über 30 Jahren in der Bau- und Immobilienbranche ist die Auswahl doch recht groß. Die Sanierung des ORF-Zentrums Küniglberg für Vasko + Partner war ein Projekt, bei dem ich sehr viele unterschiedliche Erfahrungen sammeln konnte. Ich durfte das Projekt zwei Jahre in der Funktion der technischen Oberleitung begleiten. Das komplexe Zusammenspiel der Projektbeteiligten, das denkmalgeschützte Gebäude im laufenden Betrieb umzubauen, der sehr hohe haustechnische Aufwand – all das waren spannende Herausforderungen.
Das zweite Projekt stammt aus jüngerer Zeit: Das Hochhaus Grünblick im Viertel Zwei ist momentan noch in Bau. Es stellt schon aufgrund seiner Höhe und Größe mit 340 Wohnungen ein sehr spannendes Projekt dar. Der italienische Architekt Mario Cucinella hat uns immer wieder gefordert – ich denke da nur an die tiefen Auskragungen beim Balkon. Ein Hochhaus dieser Dimension hat auch viel höhere Sicherheitsan- forderungen. Sprinkleranlagen, Aufzüge, Energienetz, Leitungen. Erstmals haben wir für ein komplettes Projekt mit BIM (Building Information Modelling) einen digitalen Zwilling erstellt. An diesem Modell können alle Planer gleichzeitig planen. Dass die Rohre nicht mit den Löchern zusammenpassen, sollte es da nicht mehr geben.
Welche ersten Schwerpunkte wollen Sie in der BWS-Gruppe setzen?
Am wichtigsten ist mir im ersten Schritt, die Gruppe kennenzulernen. Weil es meiner Meinung nach dann erst möglich ist, die richtigen Schritte zu setzen. Wichtige Themen werden die ökologische und soziale Nachhaltigkeit sein – ESG-Kriterien, EU-Taxonomie – und in diesem Zusammenhang auch die Bestandserhaltung, Sanierung und Nachverdichtung. Ich sehe diese Zielsetzungen als unsere gesellschaftliche Ver-antwortung in der Baubranche. Wir müssen auch den laufenden Betrieb von Gebäuden so gestalten, dass wir bis 2040 CO2-neutral sind.
Als zweites Thema, das damit Hand in Hand geht, ist die Digitalisierung und Stärkung der Digitalisierungskompetenz aller Mitarbeiter:innen. Darin liegt einfach die Kernkompetenz eines er- folgreichen Unternehmens. Die stetige Weiterentwicklung der IT ist mir wichtig. Ich möchte möglichst alle Mitarbeiter:innen für eine langfristige Weiterbildung in diesem Bereich gewinnen. Es liegt mir daran, diese Themen im richtigen Tempo und basierend auf den vorhandenen Rahmenbedingungen voranzutreiben.
In aller Kürze:
Kerstin Robausch-Löffelmann studierte an der TU Graz Architektur und ist seit rund 30 Jah- ren in der Bau- und Immobilienbranche tätig. Ihre Diplomarbeit hat sie bei Harry Seidler geschrieben, der sie mit einem Stipendium nach Sydney geholt hatte. Nach ein paar Jahren als Planerin im In- und Ausland wechselte die gebürtige Steirerin in die Projektleitung und dann weiter in die Projektentwicklung. Zuletzt war sie Managing Director beim Immobilien- entwickler Value One Development. Sie ist Ziviltechnikerin und Immobilientreuhänderin (Bauträger). Mit 1. September 2024 hat sie den technischen Vorstand in der BWS-Gruppe übernommen. Robausch-Löffelmann ist verheiratet und hat eine fünfjährige Tochter. Abschalten kann sie beim Wandern und Berggehen, auch wenn die Begeisterung für die Berge auf Ehemann und Tochter noch nicht ganz übergesprungen ist.

Sie sind unter anderem für das Baumanagement zuständig. Wie schätzen Sie die Entwicklung in der Branche ein?
Die zurückhaltende Stimmung in der Branche wird sicher noch länger anhalten. Der frei finanzierte Wohnbau wird sich noch länger schwierig gestalten – und das bei steigendem Wohnbedarf. Die Mieten in den großen Städten sind im Steigen. Umso wichtiger wird es in den nächsten Jahren sein, weiterhin leistbaren Wohnbau zur Verfügung zu stellen. Da kommt eine große Aufgabe auf uns zu.
Frauenförderung liegt Ihnen am Herzen? Was konnten Sie bisher umsetzen? Worauf sind Sie stolz?
In meiner letzten Position konnte ich einige Frauen als Führungskräfte gewinnen und hoffentlich auch unterstützen. In meinem Team war der Anteil an Projektleiterinnen und -leitern und anderen technischen Positionen ausgewogen, darauf bin ich stolz.
„Klare, offene und wert- schätzende Kommunikation in beide Richtungen ist für mich der Schlüssel.“
Mir liegt die Förderung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz generell am Herzen, weil es in diesen komplexen Zeiten doppelt wichtig ist, dass die richtigen Kolleg:innen die passenden Aufgaben haben. Man kann es sich als Arbeitgeber:in nicht mehr leisten, die Vereinbarkeit für Betreuungspflichten nicht zu gewährleisten. Dies betrifft leider immer noch v. a. Frauen, aber es ist auch wichtig, die Vereinbarkeit für Männer zu ermöglichen – etwa mit Teilzeit oder Familienauszeit.
An welchen Zielsetzungen möchten Sie in der BWS-Gruppe im Zusammenhang mit Frauenförderung arbeiten?
Ich freue mich, dass der Frauenanteil in der BWSG relativ hoch ist. Mir ist wichtig, dass der Frauenanteil in der Führungsebene dies auf längere Sicht auch widerspiegelt.
Welche Maßnahmen hier notwendig werden, werden wir uns gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen anschauen. Dazu muss ich aber die Strukturen und Anforderungen besser kennenlernen.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Die Hauptaufgabe der Führung sehe ich in der orientierungsgebenden Kommunikation auf allen Ebenen, um alle Mitarbeiter:innen an Bord zu haben. Klare, offene und auch wertschätzende Kommunikation in beide Richtungen ist für mich der Schlüssel. Ich versuche immer, die Führungskraft zu sein, die ich mir selbst wünschen würde. Ich bemühe mich um ein vertrauensvolles und ethisches Arbeitsumfeld, in dem Offenheit, Wertschätzung und Respekt selbstverständlich sind, und erwarte mir das auch von meinem Gegenüber.
Was mögen Sie in einem Arbeitsumfeld gar nicht? Was besonders gern?
Gar nicht mag ich, wenn wesentliche Dinge nicht angesprochen werden. Man hat das Gefühl, etwas funktioniert nicht, spürt, etwas passt nicht, weiß aber gar nicht, ob man die Andeutungen richtig verstanden hat – eine solche Kultur führt zu Missverständnissen und die Probleme verstärken sich.
Besonders gern mag ich es, gemeinsam mit einem motivierten Team an spannenden Projekten zu arbeiten. Ich fühle mich wohl, wenn wir gemeinsam so richtig das Gefühl haben, dass etwas weitergeht.
Würden Sie mir bitte den folgenden Satz ergänzen: In einem Jahr möchte ich …
… die Kolleginnen und Kollegen, die Projekte und die Organisation der BWSG richtig gut kennen- gelernt haben und wissen, was notwendig ist, um das Unternehmen für die Herausforderungen der nächsten Jahre gut aufzustellen. Erste Schritte sollten nach einem Jahr schon gesetzt sein.
Herzlichen Dank für das Gespräch.