Interview mit DI Christian Purrer, Vorstandssprecher der Energie Steiermark.
Denken Sie, eine künftige Energieknappheit kann zur gesellschaftlichen Spaltung führen?
Als Energieversoger ist für uns die Versorgungssicherheit das höchste Gut. Seitens der Energieunternehmen wird gerade in Zeiten wie diesen alles unternommen, um die Energiekrise so gut wie möglich zu bewältigen. Die Bevölkerung muss für das Thema sensibilisiert werden, denn wir sind alle Teile eines großen Ganzen und jeder auch noch so kleine Schritt hilft uns, unser Ziel zu erreichen. Eine Krisensituation bedeutet keine Spaltung, vielmehr ist es wichtig, dass alle am gleichen Strang ziehen. Dies betrifft zu gleichen Teilen die Politik, die Energieversorger und die Bevölkerung.
Was halten Sie von Energiegemeinschaften?
Lokale Energiegemeinschaften sind ein wichtiger Baustein zur zukünftigen Stabilisierung des Netzes. Zu wissen, wo der bezogene Strom herkommt oder der erzeugte Strom hinfließt, ist ein wesentlicher Aspekt, um Bewusstsein und Identifikation und damit Attraktivität zu schaffen, um im Rahmen von Energiegemeinschaften als Energieproduzenten mitzuwirken.
Für die geplante Forcierung von regionalen Energiegemeinschaften sehen wir uns bestens vorbereitet, wie Pilotprojekte bereits zeigen.
"Die meisten Maßnahmen zum Energiesparen sind leicht und mit wenig Aufwand umsetzbar. So spart schon 1 Grad weniger Raumtemperatur etwa 6 % Energie.“
Was macht die Energie Steiermark, um ihren Beitrag zur Klimawende zu leisten?
Die Energie Steiermark plant in den kommenden zehn Jahren einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energie. In Summe haben wir Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund 2 Milliarden Euro in der Pipeline. Über 1 Milliarde Euro geht in die Erzeugung – dabei geht es sowohl um den Ausbau der Windkraft als auch der Photovoltaik und der Wasserkraft.
Denken Sie, dass eine Krise wie die der Wien Energie auch andere Energiekonzerne in Österreich treffen kann?
Die extremen Verwerfungen der Energiemärkte stellen im Moment alle Energieunternehmen vor eine nie da gewesene, herausfordernde Situation. Die Energie Steiermark verfügt über eine solide Finanzstruktur, eine herausragende Bonität und hat sich für die teilweise dramatischen Entwicklungen bei den Einkaufspreisen in allen Bereichen verantwortungsvoll gerüstet.
Das Unternehmen ist aufgrund seines vorausschauenden Risiko- sowie Cash-Managements und einer umsichtigen Beschaffungsstrategie gut aufgestellt und verfügt derzeit über ausreichende Liquidität. Wir sind auch auf eine Verschärfung der Entwicklungen vorbereitet, europäische Lösungen für den Energiemarkt wären notwendig, um die angespannte Situation zu entschärfen.
Was würden Sie der Politik betreffend zukünftige Energieversorgung raten?
Die Beschleunigung der UVP-Verfahren für Erneuerbaren-Ausbau würde die Umsetzung von Projekten erleichtern.
Welche sind die 3 effektivsten Energiesparmaßnahmen?
Die meisten Maßnahmen zum Energiesparen sind leicht und mit wenig Aufwand umsetzbar. So spart schon 1 Grad weniger Raumtemperatur etwa 6 % Energie. Oder bei Warmwasseraufbereitung ist zum Beispiel ein enormes Einsparpotenzial vorhanden.

Und nicht zuletzt der „Stand-by-Modus“ bei Elektrogeräten kann viel bewirken. Häufig sind es bereits kleine Änderungen im Alltag mit großem Effekt. Zusätzlich können eine eigene Photovoltaikanlage und der richtige Speicher bereits ein wesentlicher Schritt zu mehr Unabhängigkeit sein. Alles, was hilft, unsere Importe zu reduzieren, ist ein Schritt zu mehr Versorgungssicherheit. Die Erfolge werden erst sichtbar, wenn ein ganzheitliches Umdenken erfolgt und Maßnahmen konsequent und konstant umgesetzt werden.
Was müsste getan werden, damit wir in Österreich 100 % energieautark werden?
Österreich ist auf dem richtigen Weg Richtung Energieautarkie. Im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes wurden bereits gute Voraussetzungen geschaffen. Jetzt gilt es, die geplanten Projekte umzusetzen und die Gesellschaft für das Thema zu sensibilisieren.
Niemand redet im Zuge der Energiedebatte über den Ausbau der Energienetze, was hilft mir ein Windrad auf der Koralm, wenn die Energie dann nicht im Haushalt ankommt.
Von der von der Energie Steiermark geplanten Investition von rund 2 Milliarden Euro fließen fast 50 % in den Netzausbau. Uns ist bewusst: Der Ausbau grüner Energie kann nur gleichzeitig mit dem Ausbau unserer Netze erfolgen. Das geht Hand in Hand. Durch regionale Investitionen in beiden Bereichen stärken wir nicht nur die regionale Wertschöpfung, sondern schaffen gleichzeitig Sicherheit in Zeiten der Energiekrise.