Eine Powerfrau geht (fast) in Pension

Ob Rohrbruch, Totenwache oder die korrekte Parkordnung: Renate Hoffmann hatte im Laufe ihrer 39 Jahre bei der BWSG Situationen aller Art zu managen.

Renate, du bist mit 1. Mai in Pension gegangen, nach 39 Jahren bei der BWSG. Was war das für ein Gefühl, worüber denkt man da nach?

(Lacht) Ja, 39 Jahre bei derselben Firma arbeiten, das ist heutzutage vor allem für die jüngere Generation schwer vorstellbar. Mein Job hat mir immer Spaß gemacht. Der Job war meine zweite Familie und ist es noch immer – ich arbeite ja geringfügig weiter.

Erzähle uns bitte ein wenig von deinem Werdegang.

In jungen Jahren habe ich Handelskauffrau gelernt und als Ordinationsassistentin gearbeitet. Als die Nachbarin meiner Mutter aufhörte, als Hausbesorgerin zu arbeiten, habe ich mich für den Job beworben. Nach meiner Scheidung war ich Alleinerzieherin mit zwei Jobs. Im Laufe der Jahre habe ich zunehmend mehr Wohnhäuser betreut. Später wurde ich Betriebsratsvorsitzende der BWS und WBG und blieb es auch 18 Jahre bis zu meiner Pensionierung.

 

Welche Veränderungen hast du in den knapp vier Jahrzehnten erlebt?

Ich weiß gar nicht, was ich genau erzählen soll, weil alles so einfach war. Am Anfang gab es ja keine Computer und kein Handy. Ich habe eine Telefonpauschale für mein Festnetz zu Hause bekommen. Da hat jeder angerufen, der ein Anliegen hatte. Und das rund um die Uhr. In Graz hatten wir ein kleines Büro, in dem auch ein Bett und eine Dusche waren. Wenn Techniker aus Wien gekommen sind, konnten sie dort schlafen. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Obwohl ich Hausbesorgerin war, hatte ich weder einen Traktor zum Rasenmähen noch eine Schneefräse oder Schieber. 

Powerfrau Renate Hoffmann: Viele Jahre lang Hausbesorgerin bei der BWSG, war sie die vergangenen Jahre auch Arbeiterbetriebsratsvorsitzende und betreute 136 Mitarbeiter der gemeinnützigen BWS und der Tochtergesellschaft WBG. © Privat
Renate trat mit 1. Mai 2023 ihre Pension an, bleibt der BWSG jedoch in Altersteilzeit erhalten. Die Tierliebhaberin lebt in der Steiermark. © Privat

Insgesamt war ich für fünf Wohnhäuser mit einer Grünfläche von 3.000 Quadratmetern und ebenso viel Gehsteigfläche zuständig. Verändert hat sich auch, dass ein Hausbesorger früher eine Respektsperson war. Ich habe zum Beispiel die Parkordnung vorgegeben. Jeder musste das Auto mit der Schnauze nach vorne hin zu den Hecken parken, damit diese nicht von den Abgasen zerstört werden.

Und daran hat sich jeder gehalten?

Ja, ich war ein kleiner Rottweiler. Als ich nicht mehr dort war, haben mich die Mieter vermisst: „Wie oft haben wir dich Drachen geschimpft, aber heute wären wir froh, wenn wir den Drachen wieder hätten.“ Einmal wurde ich in einer Grazer Zeitung zur beliebtesten Hausbesorgerin gewählt. Ich bekam eine Krone aufgesetzt und es gab eine Feier. 

 

Du hast bestimmt viele Anekdoten aus deinem Berufsleben zu erzählen.

Da gäbe es sehr viel zu berichten. Von der Totenwache bis über einen gewaltigen Wasserrohrbruch, der einen Millionenschaden verursacht hat, war alles dabei.

Welche Eigenschaften muss man deiner Meinung nach für deinen Beruf mitbringen?

Es ist ein gutes Gespür für Menschen notwendig. Besonders in meiner Funktion als Arbeiterbetriebsratsvorsitzende war es wichtig, auf die Sorgen der Menschen eingehen zu können. Man muss den Mitarbeitern auch beweisen, dass man es ehrlich meint und vertrauenswürdig ist. Und das dauert seine Zeit. Das schafft man auch nur, wenn man selbst etwas von sich preisgibt.

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