Im Gespräch mit Matthias Jax, MA, Experte im Bereich soziale Netzwerke, Datenschutz und digitale Kompetenzen.
Die sozialen Medien haben die Art, wie wir mit anderen Menschen Kontakt aufnehmen und kommunizieren, wesentlich verändert – im positiven wie auch im negativen Sinne. Wie beurteilen Sie die positiven Merkmale der Online-Communities? Wie konnte es dazu kommen, dass viele Menschen das Gefühl haben, nicht mehr ohne diese leben zu können?
Online-Communities und Cyber(space) sind kein neues Phänomen, diese gibt es schon seit Jahrzehnten. Eigentlich sind sie ein Ort, wo sich Menschen treffen, die manchmal gleicher, manchmal unterschiedlicher Meinung sind, sich aber auf irgendeine Art und Weise hier austauschen. In der Hinsicht ist es sehr positiv zu sehen, dass es so was gibt, weil es meistens auch ein Ort ist, wo man sich, gerade wenn es um soziale Netzwerke geht, mit Gleichdenkenden einfach austauschen kann.
Worauf muss man bei der Interaktion mit Menschen/Kontakten aus dem Internet achtgeben? Wo stecken die Gefahren der Internetgemeinschaften?
Die große Herausforderung ist meistens, dass man die Sachen ein bisschen zu verkopft angeht. Zurzeit lässt sich beobachten, dass der Ton in sozialen Netzwerken und Online-Communities rauer geworden ist. Alles ist emotionsgeladener und die Diskussionskultur ist eine andere, als sie vielleicht vor zehn Jahren noch gewesen ist. Wie man sich selbst ein bisschen schützen kann, ist ganz einfach: sich mal ein bisschen zurückziehen, wenn man viel in den Online-Communities oder sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Instagram, Tiktok usw. unterwegs ist. Wenn man in einer Diskussion oder einem Austausch merkt, dass man aufgewühlter wird, hilft es oft, einmal tief durchzuatmen. Bestenfalls auch das Handy (wenn es für diese Zwecke benutzt wird) einfach mal ablegen, kurz Pause machen und reflektieren: Was mache ich gerade, warum bin ich so aufgeregt? Das hilft sich selbst ein bisschen Stress abzunehmen und verhindert, dass man Inhalte postet, die ein Blödsinn sind oder zu diesem Zeitpunkt vielleicht sogar ungeeignet sein könnten.
„Zurzeit lässt es sich beobachten, dass der Ton in sozialen Netzwerken und Online-Communities rauer geworden ist.“
Bereits vor der Corona-Pandemie gab es viele Menschen, die im „echten Leben“ kaum noch Kontakte gepflegt und die soziale Zugehörigkeit in den verschiedensten virtuellen Gruppen gesucht und gefunden haben. Was sind Ihrer Meinung nach Gründe, warum manche von uns nur noch virtuelle Freundschaften schließen? Sind wir einfach zu faul geworden?
Man unterscheidet heute nicht mehr zwischen echten und virtuellen Freunden. Vor allem in der Jugendkultur gibt es da keinen Unterschied mehr, denn der Austausch, die Inhalte und die Emotionen sind genau gleich. Auch für junge Erwachsene und Erwachsene ist eine Online-Community und ein/e digitale/r Freund:in mittlerweile schon als gleichwertig anzusehen. Es wäre unfair zu sagen, dass ein/e digitale/r Freund:in weniger wert ist. Das kann ja auch jemand sein, den ich in echt getroffen habe, aber mit dem ich digital viel im Austausch bin, oder jemand, den ich wegen großer Entfernung nicht treffen kann. Angenommen ich kenne jemanden aus Amerika, mit dem/der ich mich gerne in einer speziellen Community austausche – dann wird es schwer sein, mit ihm/ihr eine Offline-Freundschaft zu führen. Online funktioniert es einfacher, wir sind also nicht faul geworden, es ist einfach eine andere Lebensrealität.
Ist es in dieser Hinsicht leichter geworden, neue Freundschaften zu schließen?
Es ist gar nicht leichter geworden heute Freundschaften zu schließen, es ist durchaus noch immer eine große Herausforderung, je nachdem wie offen und extrovertiert man ist. Wichtig ist es, dass wir nicht sagen, ein Offline-Freund ist mehr wert als ein Online-Freund oder eines ist eine echte und eines nur eine digitale Freundschaft. Gerade durch die Pandemie hat sich vieles in den digitalen Raum verlagert und sich in dieser Hinsicht also nicht zum Schlechten verändert.
Was macht Sie persönlich happy?
Eine gute Diskussion, wenn wir gerade über Online-Communities reden. Das ist etwas, womit ich mich gerne auseinandersetze, weil ich in dem Bereich auch viel beruflich zu tun habe. Es macht mir Spaß mich mit einer Person, die sehr gut und faktenbasiert diskutieren kann, auszutauschen.
Streiten Sie dann gerne online?
Ja, hahaha, aber das ist o.k., man muss es auch können und in Maßen machen … Ich beleidige auch niemanden. Aber, ja, ich streite gerne online 🙂
